Warum unterscheiden sich Kinder von ihren Eltern?

Variabilität durch Neu-Kombination und Zufall

Foto: Grit Schwerdtfeger, lux fotografen

Kinder sehen oft ihren Eltern ähnlich. Manchmal kommen sie eher auf ihren Vater, manchmal mehr auf ihre Mutter, manchmal sind Ähnlichkeiten kaum feststellbar. Woran liegt das und wie kann man sich dies erklären? Der Grund dafür ist, dass Kinder, ob beim Menschen, bei Tieren oder bei Pflanzen, Eigenschaften sowohl vom Vater als auch von der Mutter vererbt bekommen. Bei Lebewesen mit einem doppelten Chromosomensatz erhalten die Kinder jeweils einen Chromosomensatz vom Vater, den anderen von der Mutter. Damit nicht bei jeder Befruchtung die Chromosomensätze addiert werden, sondern die Anzahl immer gleich bleibt, wird bei der Keimzellenbildung in einem Prozess, der Meiose heißt, zunächst der Chromosomensatz halbiert. Ehemals von Vater und Mutter stammende Chromosomen werden so verteilt, dass eine Keimzelle von jedem Chromosomenpaar jeweils nur eines bekommt.

Während dieses Prozesses kann es zu Überlappungen der Chromosomenarme (Chromatiden) von mütterlichen und väterlichen Chromosomen kommen. An diesen Überlappungsstellen können Brüche auftreten und über Kreuz neu zusammengesetzt werden, so dass das mütterliche Chromosom einen Teilbereich des väterlichen Chromosoms erhält und umgekehrt. Diesen Vorgang nennt man Crossing over.
Am Ende dieser Phase sind zwei Zellen mit je einem einfachen Chromosomensatz und neu kombinierten Chromosomen entstanden. Im nächsten Schritt werden die zwei Arme des Chromosoms voneinander getrennt, so dass letztendlich vier Tochterzellen entstehen, auf die das Erbgut zufällig verteilt wurde.

Meiose I – Trennung der homologen Chromosomen voneinander
© MPI-MP/pigurdesign
Meiose II – Trennung der Chromatiden voneinander
© MPI-MP/pigurdesign

Bei der Befruchtung treffen Ei- und Samenzelle – also die Keimzellen von Vater und Mutter – aufeinander und paaren sich. Das heißt in der befruchteten Eizelle befindet sich ein Chromatid von der Mutter und eines vom Vater. Aufgrund der Abläufe während der Meiose sind die vom Vater gebildeten Samenzellen nicht identisch, sondern ihre genetische Zusammensetzung variiert. Gleiches gilt für die von der Mutter produzierten Eizellen. Je nachdem, welche Samenzelle mit welcher genetischen Information auf welche Eizelle trifft, können sich die Nachkommen stark unterscheiden und variieren. Die Variationen finden allerdings nur entsprechend der bei Mutter und Vater vorhandenen genetischen Ausstattung statt. Deshalb sind die Kinder zwar einerseits anders als die Eltern, haben aber auch Ähnlichkeit mit beiden.