Preiswerte Nahrungsmittel in Hülle und Fülle
Obwohl bereits im 19. Jahrhundert aufgrund verbesserter naturwissenschaftlicher Kenntnisse und neu entwickelter agrartechnischer Methoden die Erträge gesteigert werden konnten, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren, erfolgten die maßgeb lichen Schritte zur Versorgung der Bevölkerung mit ausreichenden Nahrungsmitteln in guter Qualität erst im letzten Jahrhundert.
Die Entwicklung und der Einsatz von sogenanntem „Kunstdünger“ (gemeint ist im Besonderen der im Haber-Bosch-Verfahren gewonnene Stickstoffdünger) und von Chemikalien, die gegen Insekten (Insektizide), Pilze (Fungizide) oder Unkräuter/Beikräuter (Herbizide) wirksam sind, sowie verbesserte Züchtungs- und Anbaumethoden führten nach dem 2. Weltkrieg zu einem rasanten Anstieg der Ernteerträge in der Landwirtschaft.
Ernährte 1949 ein Landwirt noch 10 Menschen, so sind es mittlerweile 147 Menschen. Nahrungsmittel sind so preiswert wie nie zuvor. Während die Verbraucher 1960 noch 55 % ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben mussten, sind es heute nur noch knapp 12 %. Statt des 3- bis 4-Fachen, wie im Spätmittelalter, bzw. des bis zu 10-Fachen, wie im 19. Jahrhundert, wird das 40- bis 50-Fache der ausgesäten Körner geerntet.
Hohe Arbeitslöhne, die außerhalb der Landwirtschaft in den 1950er Jahren während des Wirtschaftswunders gezahlt wurden und hohe Fixkosten für Gebäude, (Flächen-) Ausstattung und Betriebsmittel in den landwirtschaftlichen Betrieben trugen zu einem tiefgreifenden Wandel in der Landwirtschaft bei. Der Anteil der in der Landwirtschaft tätigen Menschen sank innerhalb von 60 Jahren von 4,8 Mio. im Jahr 1949 auf aktuell ca. 1 Mio.
Arbeitskraft wurde durch Technisierung ersetzt. In den Ställen hielt die Güllewirtschaft Einzug, sodass das aufwendige Entmisten entfällt. Elektrische Melkanlagen halfen auf menschliche Arbeitskraft zu verzichten. Auf Grund der guten Mechanisierbarkeit des Getreideanbaus stieg der Getreideanteil in der Fruchtfolge von 55 auf 70 % an. Um ein ausreichendes Betriebseinkommen zu erzielen, musste die Produktionsmenge erhöht werden. Seit 1949 sank die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 1,65 Mio. auf knapp 300.000 im Jahr 2010.