Pflanzen haben weder Muskeln noch Knochen und sind trotzdem stabil. Grund dafür ist ihre äußerst belastbare Zellwand, die es zum Beispiel Bäumen ermöglicht hundert Meter in die Höhe zu wachsen. Zellwände bestehen hauptsächlich aus Zellulose und in der steckt eine Menge Energie, die sich zur Herstellung von Biosprit verwenden ließe. Doch die Zellwände sind zäh und lassen sich nicht so leicht abbauen. Wenn das gelänge, ließe sich der Konflikt zwischen Nahrungsmittel- und Energieproduktion entschärfen.
Auf den Straßen fahren immer mehr Autos, der Luftraum ist bevölkert von Flugzeugen und wir alle wollen es in unseren vier Wänden warm und hell haben. Dass Erdöl und Erdgas – die beiden Stoffe, die zurzeit unser wichtigster Energielieferant sind – knapp werden, weiß fast jeder. Doch es scheint eine dieser Floskeln zu sein, die niemand richtig ernst nimmt oder gar als Bedrohung ansieht.
Bäume können nur deshalb so weit in die Höhe wachsen,
weil das Lignin in ihren Zellwänden ihnen von außen
Stabilität verleiht.
Während im Jahr 2010 nur etwa zehn Prozent des Energieverbrauchs von erneuerbaren Energien gedeckt wurden, soll ihr Anteil an der Energieproduktion bis zum Jahr 2050 auf fast 55 Prozent steigen. Gerade in der Anfangsphase der Umstellung, so das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), bilde die Energie aus Biomasse einen wichtigen Bestandteil der erneuerbaren Energien. Doch in welchen Pflanzenteilen steckt die meiste Energie und wie kann man sie am besten nutzen?
Pflanzen nutzen Sonnenenergie, Kohlendioxid und Wasser um daraus die unterschiedlichsten Moleküle aufzubauen. Sie stellen Stoffe wie Stärke und Fettsäuren her, die Menschen und Tiere für ihre Ernährung brauchen. Am meisten aber produzieren Pflanzen Zellulose, die sie zum Aufbau ihrer Zellwand benötigen.
Zellulose besteht, ähnlich wie Stärke, aus vielen tausend Zuckermolekülen, die zu langen Ketten verknüpft werden. Die einzelnen Ketten lagern sich zu Mikrofibrillen zusammen, die reißfester sind als Stahl. Während wir schon heute die Stärke aus Maiskörnern zu Ethanol – also Biosprit – vergären können, stellt uns die Zellulose vor größere Schwierigkeiten: Man kommt einfach schwer an sie heran.
Umgeben vom Holzstoff Lignin sind die Zellulosefibrillen extrem schwer zugänglich. Unter Einwirkung von Hitze und Säure muss das Lignin zunächst entfernt werden, bevor mit der Verzuckerung begonnen werden kann. Das kostet Zeit, Geld und Energie.
Die Arbeitsgruppe von Staffan Persson versucht, den Aufbau einzelner Zellwandbausteine so zu verändern, so dass die Zellulose besser vom Rest der Zellwand getrennt werden kann. Dazu müssen sie zunächst herausfinden, welches Gen für welche Eigenschaft der Zellwand verantwortlich ist. Am Ende stehen dann vielleicht Pflanzen, deren Zellwände sich hervorragend zur Produktion von Zellulose-Ethanol eignen.
Die Vorteile liegen auf der Hand. Biokraftstoffe aus Zellulose werden aus den Reststoffen der Pflanze gewonnen, aus den Stängeln und Blättern, die sich nicht zur Nahrungsproduktion eignen. Der ethische Konflikt „Teller oder Tank“, der bis heute die Energieproduktion aus Biomasse überschattet, wäre hier ausgeschaltet.
Vielleicht können wir in Zukunft Biosprit tanken, der aus schnellwachsenden Süßgräsern wie dem Riesenchinaschilf hergestellt worden ist. Dann wäre unser Transportwesen auch ein wenig nachhaltiger.