Die Kartoffel betritt die politische Weltbühne

 

 

Teil 3: „Entführung“ der Kartoffel aus Südamerika, Einführung in Europa und Konsequenzen

In Südamerika hat der Kartoffelanbau eine lange Tradition. So wurden Wildformen der Kartoffel bereits vor 8.000 bis 10.000 Jahren angebaut und gegessen. Viele Andenvölker kultivierten sie schon vor 4.000 Jahren. Im 16. Jahrhundert brachten die Spanier die Kartoffel nach Spanien, von wo sie sich nach und nach in Europa verbreitete. Zunächst wurde sie allerdings in Zier- und botanischen Gärten angepflanzt, allerdings nicht wegen ihrer Knollen, sondern wegen ihrer hübschen Blüten. Während die Kartoffel ab 1606 in Irland nachgewiesen werden kann und sich bereits Ende des 17. Jahrhunderts zu einem Grundnahrungsmittel entwickelte, benötigte sie in anderen Teilen Europas noch eine Weile bis sich ihr Anbau als Nahrungspflanze durchsetzte.
Man muss sich vorstellen, es handelte sich um eine völlig neue Pflanze, die es zuvor in Europa nicht gab. Darüber hinaus sind die oberen Pflanzenteile giftig, was, sollte jemand diese Teile probieren, zu Vergiftungen führte wegen des hohen Solaningehaltes, wie wir im zweiten Teil des Podcasts gehört haben. Das förderte sicherlich nicht das Vertrauen in diese neueingeführte Pflanze, weshalb sie auch oft als Teufelsknolle bezeichnet wurde.
Friedrich II. von Preußen, der in manchen Quellen auch als „Kartoffelkönig“ bezeichnet wird und um den sich viele Legenden ranken, wie er den Anbau der Kartoffel forciert haben soll, oder auch sein Vater Friedrich-Wilhelm I. haben nichts mit der Verbreitung der tollen Knolle zu tun. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, sie wurde sogar in Bayern früher angebaut als in Preußen.
Was allerdings zunächst als segensreich erschien, verkehrte sich im 19. Jahrhundert ins Gegenteil.
Der Siegeszug der Kartoffel in Europa mündete in einer humanitären Katastrophe. Ein eingeschleppter Pilz, die Kraut- und Knollenfäule bei Kartoffeln, verursachte Mitte des 19. Jahrhunderts große Hungersnöte in Europa, besonders in Irland, wo die Abhängigkeit von der Knolle noch größer war als in anderen Teilen Europas. Eine Million Menschen verhungerten in Irland und zwei Millionen wanderten aus. In Berlin kam es im April 1847 sogar zur sogenannten „Kartoffelrevolution“. Wie eine solche Katastrophe sich langfristig auf die Geschicke der Welt auswirken kann, zeigt das Beispiel der während der großen Hungersnot aus Irland ausgewanderten Familie Kennedy, die gut 100 Jahre später den amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy stellte.

Das Filmdrama „Black 47“ aus dem Jahr 2018 spielt zur Zeit der großen Hungersnot in Irland.

Bob Dylan reflektierte im Jahr 2020 in dem 17-minütigen Song „Murder Most Foul“ die Ermordung John F. Kennedys. Er thematisiert mit diesem Song die sechziger Jahre mit Referenzen an die Popkultur der letzten 50 Jahre und die amerikanische politische und kulturelle Geschichte.